Subarachnoidalblutung: Tücken der Intensivtherapie nach Clips und Coils (2024)

Subarachnoidalblutung: Tücken der Intensivtherapie nach Clips und Coils (1)Subarachnoidalblutung: Tücken der Intensivtherapie nach Clips und Coils (2)

Das Überleben ohne schwere Defizite nach einer aneurysmatischen Subarachnoidalblutung (SAB) kann entscheidend davon abhängen, in welcher Klinik der Patient behandelt wird. Vor allem die intensivmedizinische Behandlung variiert erheblich. Dies zeigt eine bundesweite Erhebung aus Göttingen.

Die Chancen einer von aneurysmatischer Subarachnoidalblutung (SAB) betroffenen Person auf ein Überleben ohne schwere und bleibende neurologische Schäden sind begrenzt. Die Forschung zur SAB hat in den vergangenen Jahrzehnten Daten generiert, die klare Empfehlungen im Hinblick auf die mikrochirurgische oder endovaskuläre Aneurysmaausschaltung mit Clips und Coils erlauben. Allerdings ist weit weniger klar, wie die weitere Therapie aussehen soll. Denn zu der sehr komplexen intensivmedizinischen Behandlung im Anschluss an die Aneurysmaversorgung können bislang nur wenige verlässliche und einheitliche Empfehlungen gegeben werden.

Subarachnoidalblutung: Tücken der Intensivtherapie nach Clips und Coils (3)

Oberes Bild: Axiale native Computertomografie des Kopfes mit Nachweis einer Subarachnoidalblutung (Fisher Grad 4), die sich in die basalen Zisternen (rot) ausdehnt und in den 4. Ventrikel (blau) eingebrochen ist.

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Unteres Bild: Axiale CT-Angiografie mit Nachweis eines großen Aneurysmas (Pfeil) der A. cerebri media links an der Bifurkation. Fotos: Universitätsklinikum Göttingen

Therapiestrategien variieren

Insbesondere die Analgosedierungs- und Beatmungstherapie werden sehr unterschiedlich gehandhabt. Daher ist ein entscheidender Faktor für das Outcome im Moment immer noch, in welcher Klinik die Patienten behandelt werden. Göttinger Forschende können aufgrund der Ergebnisse einer bundesweiten Erhebung begründen, dass beim therapeutischen Vorgehen große Unterschiede festzustellen sind.

Ein wichtiger Faktor hierbei scheint das Behandlungsvolumen der jeweiligen Klinik zu sein. Prof. Dr. med. Helmuth Steinmetz, Leiter der Klinik für Neurologie, Goethe-Universität in Frankfurt und federführender Autor der bisher geltenden SAB-Leitlinien, weist auf US-amerikanische retrospektive Daten hoher Qualität hin, die zeigen, dass SAB-Betroffene umso weniger neurologische Defizite davontragen und umso höhere Überlebenschancen haben, je mehr SAB-Fälle das jeweilige Krankenhaus jährlich behandelt. So zeigte eine Studie aus dem US-Bundesstaat New York anhand von 3763 wegen SAB Behandelten, dass ein Unterschied von zehn Fällen mehr pro Jahr bereits einen messbaren Unterschied macht. Die entsprechende Odds Ratio (OR) lag für Folgeschäden bei 0,94 (95-%-Konfidenzintervall [KI] 0,89–0,99; p =0,03) und für Mortalität bei 0,95 (95-%-KI 0,92–0,98; p =0,005) (1).

SAB-Fallzahl und Outcome

Eine andere retrospektive Studie analysierte die Krankheitsverläufe von 16399 SAB-Betroffenen aus 18 US-Bundesstaaten. Die behandelnden Kliniken wurden nach jährlicher SAB-Fallzahl in Quartile unterteilt. Laut Multivarianzanalyse war die Mortalität in der untersten Quartile (1–9 SAB-Fälle/Jahr) 1,4-mal so hoch wie in der obersten Quartile (> 35 SAB-Fälle/Jahr; 95-%-KI: 1,2–1,6) (2). Eine US-amerikanische Querschnittsstudie zeigte anhand von 32336 SAB-Betroffenen, dass Kliniken mit mindestens 100 SAB-Fällen pro Jahr signifikant bessere Ergebnisse erzielen als Kliniken mit niedrigeren Fallzahlen (3). Trotz Adjustierung ist die Aussagekraft solcher retrospektiven Analysen in Bezug auf einzelne Interventionen begrenzt. Aber ähnlich, wie es für andere Erkrankungszustände gilt, wirkt sich Expertise wohl auch bei der SAB erheblich auf den Verlauf und die Komplikationsrate aus (4). Das wiederum bestätigt, dass die intensivmedizinische Behandlung von SAB-Betroffenen alles andere als trivial ist und dass diese erheblich profitieren, wenn sie in guten Händen sind.

Eine Erhebung an Krankenhäusern mit neurointensivmedizinischem Versorgungsanteil, überwiegend in Nordamerika und Europa, ergab, dass die intensivmedizinische Behandlung von SAB-Betroffenen an Kliniken mit einem jährlichen SAB-Fallvolumen ≤ 40 mit häufigeren Abweichungen von aktuellen Leitlinien einhergeht als an Häusern mit höheren Fallvolumina. So wurde das empfohlene Zeitfenster von 48 Stunden bis zum operativen oder endovaskulären Verschluss des Aneurysmas in den Zentren mit niedrigem Fallvolumen häufiger unterschritten.

Außerdem wurde dort als Vasospasmus-Prophylaxe häufiger die Triple-H-Therapie (induzierte Hypervolämie, Hypertension, Hämodilution) angewendet, obwohl diese inzwischen als überholt gilt und möglicherweise eher mit Komplikationen behaftet ist. Die in internationalen Leitlinien empfohlene prophylaktische Gabe von Nimodipin und Heparin sowie kühlende Maßnahmen bei Körpertemperaturen über 38° C wurde in diesen Zentren eher vernachlässigt (5).

Status quo in Deutschland

Um hierzulande die SAB-bezogene intensivmedizinische Versorgungslandschaft zu untersuchen, initiierte die neurochirurgische Arbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Dr. med. Veit Rohde, Leiter der Neurochirurgie an der Universität Göttingen, in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin eine bundesweite Erhebung. Der Fragenkatalog an die Intensivmediziner und Neurochirurgen wurde anhand internationaler Leitlinien erarbeitet. Die Fragen fokussierten auf Kernaspekte der täglichen intensivmedizinischen SAB-Behandlung, nämlich invasive Beatmung, die Analgosedierung sowie das Neuromonitoring. Knapp die Hälfte der über 100 angeschriebenen Zentren antworteten von Juni 2017 bis Januar 2018.

„Wir werten das als sehr gutes Ergebnis, denn gemessen an der Fallzahl sind damit fast zwei Drittel des gesamten SAB-bezogenen Versorgungsvolumens Deutschlands in unserer Erhebung berücksichtigt“, erklärt Dr. med. Silvia Hernández-Durán, die Erstautorin der Studie (6). Die Daten seien somit hoch repräsentativ. Von den 50 teilnehmenden Kliniken waren 21 Universitätskliniken, 23 „hochvolumige“ Zentren, das heißt mit einer jährlichen SAB-Fallzahl ≥30, und 6 „niedrigvolumige“ Zentren mit jährlicher Fallzahl <30.

„Wir haben eine gewisse Heterogenität der speziellen intensivtherapeutischen Maßnahmen erwartet, allerdings hat uns die große Variabilität der Antworten dann doch überrascht“, so PD Dr. med. Christian von der Brelie, Oberarzt der Neurochirurgie in Göttingen und Initiator der Studie. Die hohe Heterogenität der Behandlungsprinzipien an den unterschiedlichen Zentren habe sich wie ein roter Faden quer durch alle abgefragten Domänen gezogen. Beispielsweise war keine einheitliche Vorgehensweise bei der Indikationsstellung zur Beatmung und Sedierung zu erkennen.

Wie Steinmetz bestätigt, können dazu auf Grundlage der bislang verfügbaren Datenlage auch keine allgemeingültigen Empfehlungen gegeben werden. Er ist mit Prof. Dr. Jürgen Beck, Leiter der Neurochirurgie an der Universitätsklinik Freiburg, übereingekommen, den Cutoff bei einem Glasgow Coma Scale-Wert von 9 anzusiedeln (Tabelle 1) (7). Das entspricht – mit oder ohne fokal neurologische Defizite – einem Grad 4 der WFNS-Skalierung der World Federation of Neurosurgical Societies (Tabelle 1) (8).

Tabelle 1

Aneurysmatische SAB – Gradeinteilung nach WFNS-Skala

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In der Göttinger Erhebung zeigte sich jedoch, dass keines der „niedrigvolumigen“ Zentren die WFNS als Beatmungstrigger bei SAB verwendete. „Hochvolumige“ und universitäre Zentren nannten zu mehr als einem Drittel einen WFNS-Grad 4, zu knapp einem Fünftel einen WFNS Grad 3 als Grenzwert.

Eine klinische Verschlechterung mit Bewusstseinstrübung tritt den Göttinger Medizinern zufolge bei SAB oft auch aufgrund eines akuten Hydrozephalus auf. Dann könne sich die Vigilanz nach zügiger und wirksamer Behandlung mittels Liquorableitung auch wieder verbessern, was letztlich dazu führen könne, dass eine Beatmung nicht zwingend benötigt wird.

Intensivmedizinische Mythen

Laut den allgemeinen S3-Leitlinien zur Behandlung der akuten respiratorischen Insuffizienz liegt bei einer P/F-Ratio unter 100 mmHg eine klare Indikation zur invasiven Beatmung vor (9). In der Göttinger Erhebung setzten fast zwei Drittel der befragten Kliniken den Cutoff aber bereits bei einer P/F-Ratio unter 200 mmHg. „Die Oxygenierung betreffend wird offensichtlich die Indikation zur invasiven Beatmung bei SAB-Patienten häufig eher früh gestellt,“ so von der Brelie. Überraschend sei gewesen, dass an manchen Kliniken auch bildgebende Befunde – wie der Schweregrad der SAB laut Modified Fisher Score – unabhängig vom klinischen Schweregrad eine formale Beatmungsindikation darstellten.

„Ein großes Problem sehe ich in intensivmedizinischen Mythen, die sich hartnäckig halten“, sagt von der Brelie. So werde beispielsweise bei beatmeten SAB-Betroffenen oft versucht, den pCO2 möglichst niedrig einzustellen. In der Göttinger Studie strebten mit Ausnahme von zwei Zentren alle anderen Kliniken Werte im Bereich 35–45 mmHg oder darunter an (Tabelle 2).

Tabelle 2

Zielbereiche Sauerstoff- und Kohlendioxid-Partialdruck bei SAB an deutschen Kliniken

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Einen niedrigen pCO2 könne man bei der SAB durchaus als kontraproduktiv ansehen wegen der daraus resultierenden zerebralen Vasokonstriktion. Es gäbe mittlerweile Hinweise darauf, dass eine permissive Hyperkapnie mit einem eher hohen pCO2 bei beatmeten SAB-Patienten von Nutzen sein könnte. „Solange man kein systematisches Problem mit einem erhöhten intrakraniellen Druck hat, ist es eine wunderbare Art, über eine kleine Stellschraube den zerebralen Blutfluss positiv zu beeinflussen“, erklärt von der Brelie. Aus demselben Grund sei bei SAB von der – früher bei Schädelhirntrauma empfohlenen, aber inzwischen auch bei dieser Indikation als obsolet angesehenen – Hyperventilation dringend abzuraten: Sie kann eine gefährliche Vasokonstriktion und die Exazerbation verzögerter zerebraler Ischämien zur Folge haben (10, 11).

Subarachnoidalblutung: Tücken der Intensivtherapie nach Clips und Coils (9)

Laterale Projektion einer digitalen Subtraktionsangiografie – Blau: Arteria carotis interna links; Rot: A. cerebri media (M1 Abschnitt) und Aneurysma an der Bifurkation, mit einem maximalen Durchmesser von circa 18 mm und 2 aus der Basis ausgehenden Ästen; Gelb: A. cerebri anterior.

Keine Angst vor hohem PEEP

„Im Gespräch mit Kollegen erlebe ich wiederum, dass diese auch noch vor dem Einsatz eines verhältnismäßig hohen positiven endexspiratorischen Drucks (PEEP) zurückschrecken, wie er im Falle eines Lungenversagens in den Beatmungsleitlinien des ARDS Networks ausdrücklich empfohlen wird“, berichtet von der Brelie (12).

Die Befürchtung, man steigere damit über den erhöhten Abflusswiderstand in den Jugularvenen auch nennenswert den intrakraniellen Druck, habe sich aber nicht bewahrheitet. Positiv sei vielmehr, wenn sich unter einem höheren PEEP dann eine bessere Oxygenierung und suffizientere Decarboxylierung erreichen lasse.

Bei der zur invasiven Beatmung eingesetzten Analgosedierung stießen die Göttinger Forschenden in den deutschen Kliniken ebenfalls auf eine große, nicht rational zu begründende Vielfalt. „Auch hier kann man bei einer SAB nicht einfach so vorgehen wie bei allen anderen Intensivpatienten“, warnt Hernandez. Die Sedierung habe bei der SAB nicht nur den Zweck, die invasive Beatmung zu ermöglichen, sondern könne auch gezielt neuroprotektiv eingesetzt werden. Dies geschieht, indem man den zellulären Stoffwechsel von Neuronen und Astrozyten gewissermaßen herunterfährt. Während 95% aller „hochvolumigen“ und universitären Zentren zur Initialisierung Propofol verwenden, greifen alle „niedrigvolumigen“ Zentren eher auf Benzodiazepine zurück.

Die große Bandbreite der Antworten lasse, so von der Brelie, vermuten, dass hier die pharmakologischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Wirkstoffen häufig nicht berücksichtigt und alle Analgetika und Sedativa über einen Kamm geschert werden. „Dabei sind sie möglicherweise situativ gezielter einsetzbar“, betont von der Brelie.

Zur Vertiefung der Sedierung verwenden drei Viertel der Unikliniken und 60% der „hochvolumigen“ Krankenhäuser Ketamin, während alle „niedrigvolumigen“ Häuser dazu auf Clonidin zurückgreifen. „Dass Ketamin in den kleineren Häusern kaum eingesetzt wird, hat uns sehr überrascht“, erklärt Prof. Dr. med. Dorothee Mielke, ebenfalls Oberärztin an der Neurochirurgie in Göttingen.

Bei SAB liege ein entscheidender Vorteil der Substanz in deren sympathomimetischer und somit hypertensiver Wirkung, die sonst nur mit – nicht selten hoch dosierten – Katecholaminen zu erreichen sei. Hierbei sei allerdings auf Kontraindikationen, etwa eine akute Herzinsuffizienz, zu achten. Auffällig war ebenfalls, dass Dosierungen regelhaft eingesetzter Medikamente stark variierten, beispielsweise bei dem synthetischen Opioid Sufentanil um den Faktor 25.

„Bei der SAB haben wir es mit einer sehr speziellen Pathophysiologie zu tun“, betont Hernández-Durán. Wer auf Intensivstation oft Menschen mit intrakraniellen Ereignissen behandelt, wisse, dass besonders bei der SAB intensivmedizinische Grundprinzipien individuell angepasst werden müssen. Dennoch könnte dies beispielsweise für die Indikation zur Intubation und für die zur Analgosedierung gewählten Sedativa und deren Dosierung, für das intrakranielle Monitoring, aber auch für viele andere Detailaspekte der intensivmedizinischen Behandlung nicht die in der Befragung dokumentierte Bandbreite rechtfertigen.

Dem Sonderfall gerecht werden

Warum unter den intrakraniellen Anlässen für eine intensivmedizinische Behandlung die SAB eine Sonderstellung einnimmt, erläutert Mielke an einem Beispiel. So treten bei einer SAB – anders als bei anderen intrakraniellen Raumforderungen – die Komplikationen oft erst verzögert auf. „Die Betroffenen können in den ersten Tagen ganz stabil sein und sich dann innerhalb von Stunden rapide verschlechtern“, warnt Mielke. Bei der SAB sei die intensivmedizinische Überwachung daher in der Regel deutlich länger fortzuführen als bei einem Schädelhirntrauma oder einem Hirninfarkt.

SAB-Betroffene bleiben in Göttingen mindestens zwei Wochen lang unter intensivmedizinischer Beobachtung. Komplikationen, die infolge einer SAB auftreten können, sind unter anderem die verzögerte zerebrale Ischämie, der akute Hydrozephalus, der gesteigerte intrakranielle Druck, zentrale Sympathikusfehlregulation oder Störungen der Elektrolyt- oder Volumenhomöostase.

Eine besonders gefürchtete Komplikation der SAB sind verzögerte zerebrale Ischämieereignisse mit der Folge weiterer neurologischer Defiziten. Eine große Rolle spielt dabei der zerebrale Makrovasospasmus. Eine ganze Reihe von Faktoren führen nach einer Ruptur eines Hirnbasisarterien-Aneurysmas zu einem erhöhten Risiko für Gefäßspasmen der hirnversorgenden Arterien. Entscheidend ist, diese rechtzeitig zu erkennen und geeigneten Maßnahmen zur Gegenregulation zu ergreifen. Die Früherkennung ist jedoch insbesondere unter intubationsgestützter Beatmung und Analgosedierung SAB-Betroffener eine große Herausforderung. Denn ein klinisches Korrelat – ein charakteristisches neurologisches Symptom – für Vasospasmen fehlt. Um diese dennoch rechtzeitig zu erkennen, sind regelmäßige transkranielle, dopplersonografische Untersuchungen notwendig. An der neurochirurgischen Uniklinik Göttingen gehören nach einer SAB tägliche Doppleruntersuchungen zum Standard. Das Monitoring bei nachgewiesenen Vasospasmen erfolgt mehrmals täglich.

Vasospasmen wurden lange Zeit primär mit Katecholaminen behandelt, um den Blutdruck zu steigern. „Allerdings sind in 2018 über die HIMALAIA-Studiengruppe auch Daten publiziert worden, die den unselektiven Einsatz der induzierten Hypertension durchaus infrage stellen“, merkt von der Brelie an (13). Unstrittig sei aber, dass im Falle eines relevanten Makrovasospasmus die induzierte Hypertension nach wie vor eine Berechtigung hat.

Tückische Fallgrube Blutdruck

Rohde hält das Blutdruckmanagement in dieser Situation für eine der tückischsten Fallgruben in der Intensivtherapie der SAB. Bei Vasospasmus könne nämlich bereits eine Normotension einen Infarkt induzieren. „Wir setzen die systolischen Zielwerte in solchen Fällen oft deutlich höher an“, berichtet Rohde.

Wichtig sei dabei, den Zielbereich, der je nach Situation durchaus bei 160–180 mmHg liegen könne, ununterbrochen zu halten, auch etwa bei Transporten, Interventionen wie einer Tracheotomie oder pflegerischen Routinemaßnahmen. Bei Vasospasmen kann zudem zeitnah lokal wirksam interveniert werden. Dazu zählen die intraarterielle Applikation von Nimodipin und bei Spasmen großer Gefäße die perkutane Ballonangioplastie.

„Dass man durch zeitnahe, extensivere Diagnostik und den dann zielgenauen Einsatz interventioneller Therapien die Inzidenz manifester Hirninfarkte nachweislich senken kann, ist eine Erkenntnis, die sich gefühlt eher etwas schleppend durchsetzt“, bemerkt von der Brelie. In den seit über 5 Jahren abgelaufenen SAB-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie wird bereits die tägliche Dopplersonografie unter den empfohlenen Monitoringmaßnahmen aufgeführt (14). Induzierte Hypertension und endovaskuläre Therapie erwähnt die alte Leitlinie als Kann-Empfehlung und nur zur Behandlung bereits eingetretener verzögerter ischämischer Defizite.

Die bislang einzige durch mindestens eine randomisiert kontrollierte Studie (RCT) gesicherte Maßnahme in der Prophylaxe von SAB-Komplikationen ist die Gabe von Nimodipin. Der Kalziumantagonist Nimodipin scheint sich wegen seiner guten Liquorgängigkeit besonders für die Behandlung zerebraler Krankheitszustände zu eignen. In vitro und im Tiermodell wurden neuroprotektive Eigenschaften von Nimodipin nachgewiesen (15,16).

Bereits 1989 konnte in einer britischen RCT gezeigt werden, dass die prophylaktische Gabe von Nimodipin bei SAB-Betroffenen sowohl die Häufigkeit zerebraler Ischämien als auch das Ausmaß neurologischer Defizite reduziert (17, 18). Nimodipin hat in den deutschen Leitlinien von 2012 bereits den höchstem Empfehlungsgrad. Andere Empfehlungen stützen sich weiterhin allenfalls auf retrospektive, nichtkontrollierte Studien und auf Expertenmeinungen (Evidence Level III und IV). Dass die Fortschritte in der Behandlung der SAB in den letzten Dekaden keine durchschlagenden Verbesserungen im Outcome nach sich ziehen, hat nach Rohdes Einschätzung möglicherweise damit zu tun, dass der Fokus der klinischen, outcomeorientierten SAB-Forschung bislang fast ausschließlich auf der Aneurysma-Akutbehandlung und der Prävention und Behandlung des zerebralen Vasospasmus lag.

Praxistauglicher Fokus für SAB

Dieser Fokus müsse nun breiter werden, um konkrete Handreichungen für die tägliche Arbeit auf Intensivstation geben zu können, beispielsweise zur Beatmung und Sedierung oder zur Therapie einer begleitenden Sepsis. Als die Göttinger Forschenden ihre Studie im Juni 2020 auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) vorstellten, gab es viel Zuspruch. Geplant ist nun, anhand der aktuellen Daten einen Expertenkonsensus zu erarbeiten. Dieser dürfte auch in den S2k-SAB-Leitlinien der DGN Eingang finden, die für 2021 angekündigt sind. Dr. med. Thomas M. Heim

Literatur im Internet:
www.aerzteblatt.de/lit4720
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